30. Oktober 2024 Allgemein, Pressemeldung

Neuer Lancet Countdown Bericht zu Klimawandel und Gesundheit 2024 veröffentlicht

Gesundheitsbedrohungen durch den Klimawandel erreichen Rekordniveau.

Expert:innen fordern: Die Billionen US-Dollar, die in fossile Brennstoffe investiert werden, sollten stattdessen in den Schutz von Gesundheit, Leben und Existenzsicherung fließen.

London / Berlin, 30. Oktober 2024 — Heute wurde der neue Lancet Countdown Bericht zu Klimawandel und Gesundheit veröffentlicht. Nachstehend finden Sie die zentralen Ergebnisse des Reports. Die Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit (KLUG) e.V. hat gemeinsam mit dem Thinktank Centre for Planetary Health Policy (CPHP) und weiteren Partnern begleitend einen Policy Brief herausgegeben: Dieser ordnet den neuen Bericht in den deutschen Kontext ein und gibt Handlungsempfehlungen für Politikentscheider:innen. 

Zentrale Ergebnisse des neuen Berichts:

  • Der 8. Jahresbericht des „Lancet Countdown: Tracking Progress on Health and Climate Change“ zeigt anhand neuer Erkenntnisse, dass der rasant fortschreitende Klimawandel die Gesundheit und das Leben von Menschen weltweit auf neuem Rekordniveau bedroht. Zehn von fünfzehn Indikatoren, anhand derer Gesundheitsgefahren erfasst werden, haben besorgniserregende Höchststände erreicht.
  • 2023 waren Menschen weltweit durchschnittlich 50 Tage mehr extremen Temperaturen ausgesetzt, die ohne den Klimawandel nicht aufgetreten wären. Extreme Dürren betrafen 48 % der weltweiten Landfläche – der zweithöchste jemals gemessene Wert. Die Häufung von Hitzewellen und Dürren führte dazu, dass 151 Millionen Menschen mehr unter mittlerer bis schwerer Ernährungsunsicherheit litten, verglichen mit den Jahren 1981 bis 2010.
  • Die Autor:innen des Berichts kritisieren Regierungen und Unternehmen, die die Situation weiter verschärfen, indem sie in fossile Brennstoffe investieren, energiebedingte Treibhausgasemissionen auf Rekordniveau halten und notwendige Anpassungen verzögern – und damit Überlebenschancen von Menschen weltweit verringern.
  • Der Bericht betont, dass die finanziellen Mittel vorhanden sind, um Netto-Null-Emissionen zu erreichen und eine gesunde Zukunft zu sichern. Trotzdem geben Regierungen und Unternehmen Billionen US-Dollar für Subventionen und Investitionen in fossile Brennstoffe aus, die den Klimawandel weiter verschlimmern. Dieses Geld könnte stattdessen in saubere, erneuerbare Energien und Maßnahmen investiert werden, die der Gesundheit, den Lebensgrundlagen und dem Wohlbefinden der Menschen zugutekommt. 
  • Die Autor:innen fordern eine weltweite Transformation der Finanzsysteme, die Gesundheit in den Fokus rückt. Ressourcen müssen von der fossilen Brennstoffwirtschaft hin zu einer emissionsfreien Zukunft umgeleitet werden. Dies würde schnelle gesundheitliche und wirtschaftliche Vorteile bringen: besseren Zugang zu Energie und mehr Energiesicherheit, saubere Luft und sauberes Wasser, gesündere Ernährung und Lebensstile sowie nachhaltigere Arbeitsplätze.

Termin

Die Ergebnisse des neuen Berichts werden am 4. November 2024 im Rahmen eines online Launch Events vorgestellt und gemeinsam mit Expert:innen in den deutschen Kontext eingeordnet » Programm und Anmeldung

Zitate zum Lancet Countdown Bericht zu Klimawandel und Gesundheit 2024

– Frei zur Nutzung für Redaktionen – 

Die Expert:innen stehen für Interviews / Hintergrundgespräche zur Verfügung. Hierfür wenden Sie sich bitte jeweils an den angegebenen Kontakt.

„Herausforderungen des Klimawandels sind so groß, dass Lösungen gefunden werden müssen, die positiv in verschiedene Richtungen wirken. Emissionsvermeidung und Klima-Anpassung sollten gemeinsam gedacht werden. Der Ausbau erneuerbarer Energieträger senkt nicht nur die Treibhausgas-Emissionen, er reduziert auch die Luftverschmutzung und verbessert damit die Gesundheit. Solar-Panele erzeugen nicht nur grünen Strom, sie können auch Schatten spenden und vor Hitze schützen, vor allem in den Städten. Eine stark pflanzenbasierte Ernährung ist der wichtigste Hebel, um Emissionen im Agrar- und Ernährungssektor zu senken. Gleichzeitig hat eine solche Ernährungsweise positive Gesundheitswirkungen, und sie kann für mehr Vielfalt auf den Äckern sorgen, was auch die Anpassung an extreme Wetter-Ereignisse verbessert.” 

  • Prof. Dr. Hermann Lotze-Campen, Agrarökonom und Leiter der Forschungsabteilung “Klimaresilienz” am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Mitautor des Policy Briefs zum LCD24. Professor für Nachhaltige Landnutzung und Klimawandel an der Humboldt-Universität zu Berlin | Thema: Ernährung und Klimawandel | Profil | Medienanfragen: presse@pik-potsdam.de

“Der Bericht zeigt, dass zehn von 15 Indikatoren, mit denen die klimawandelbedingten Gesundheitsrisiken, ‑expositionen und ‑auswirkungen beobachtet werden, im letzten Datenjahr neue Rekordwerte erreicht haben. Das ist eine eindringliche Warnung und macht deutlich, dass die globalen und politischen Anstrengungen zur Bewältigung des Klimawandels verstärkt werden müssen. Die derzeitigen Verzögerungen bei der Adaption und die anhaltenden Investitionen in fossile Brennstoffe wirken sich bereits negativ auf die Gesundheit der Bevölkerung aus – und es wird noch schlimmer werden.”

  • Prof. Dr. Joacim Rocklöv, Epidemiologe, Universität Heidelberg, Mitautor des Lancet Countdown Global Report 2024 | Thema: Klimawandel und Infektionskrankheiten | Profil | Medienanfragen: joacim.rockloev@uni-heidelberg.de 

“Die Implementierung von Frühwarnsystemen für extreme Wetterereignisse sowie die Förderung von grüner Infrastruktur in städtischen Gebieten sind besonders wichtig, um die durch hohe Temperaturen verursachten Gesundheitsrisiken zu minimieren. Es geht nicht nur darum, auf Notfälle zu reagieren, sondern präventiv Maßnahmen zu ergreifen, die die Bevölkerung vor den vorhersehbaren Folgen des Klimawandels schützen. Es geht um Menschenleben. Neuere Studien zu Hitze und Gesundheit unterstreichen, dass weiteres politisches Handeln unerlässlich ist.”

“Der Bericht zeigt mehr als deutlich, mit welch rasantem Tempo die Folgen des Klimawandels, die unsere Gesundheit gefährden, immer gravierender werden. Frustrierend sind die nach wie vor hohen klima- und gesundheitsschädlichen Subventionen, die diese Gefahr weiter befeuern und die auch in Deutschland trotz Haushaltskrise kaum weiter abgebaut wurden. Währenddessen fehlt es im deutschen Gesundheitssektor noch immer an einer Klimaschutzstrategie, wirksamen Anreizen für nachhaltige Produktion und Recycling von Arzneimitteln und Medizinprodukten, einer gesundheitsfördernden Gesamtpolitik oder finanzieller Unterstützung für Klimainvestitionen von Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen.“

  • Dorothea Baltruks, Leitung Wissenschaft und Politik, Centre for Planetary Health Policy (CPHP), einem an die NGO Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit (KLUG) e.V. angedockten Thinktank. | Profil | Themen: Nachhaltigkeit und Klimaresilienz im Gesundheitssektor, vor allem im Arzneimittelwesen; Luftverschmutzung | Medienanfragen: presse@cphp-berlin.de 

“Hitze belastet besonders vulnerable Gruppen, und die Auswirkungen variieren je nach sozialem Kontext. Um diese Ungleichheiten abzumildern, sind gezielte Maßnahmen nötig, die sowohl die spezifischen Belastungen als auch die jeweiligen Lebensumstände berücksichtigen. Dadurch lassen sich hitzebedingte Sterbefälle und Erkrankungen reduzieren, was zugleich das Gesundheitssystem entlastet.”

  • Dr. Franziska Matthies-Wiesler, Wissenschaftlerin am Institut für Epidemiologie, Helmholtz Munich, wo sie zu Umwelt und Gesundheit (v.a. zu Fragen der Klimawandelanpassung und Extremwetterereignissen) forscht. | Themen: Hitze & Gesundheit; gesundheitlicher Hitzeschutz; Hitzeaktionspläne; soziale Faktoren, Kommunikation für Risikogruppen | Medienanfragen an presse@helmholtz-munich.de

“Es ist wichtig, die Rolle von Luftverschmutzung an Tagen mit hohen Temperaturen oder während Hitzewellen im Rahmen von Klimaanpassung zu berücksichtigen. Das gilt zum Beispiel für gesundheitsbezogene Hitzeaktionspläne, besonders wenn es darum geht vulnerable Bevölkerungsgruppen und stark hitze-belastete Orte zu schützen.”

  • Dr. Alexandra Schneider, MPH | Stellv. Direktorin des Instituts für Epidemiologie und Leitung der Forschungsgruppe “Environmental Risks”, Helmholtz Munich | Themen: Luftverschmutzung, Hitze und soziale Faktoren | Profil | Medienanfragen an presse@helmholtz-munich.de

“Die globalen CO2-Emissionen im Verkehr sind im Jahr 2022 fast wieder auf ihren Höchststand vor der Covid-19-Pandemie zurückgekehrt. In Europa liegen die verkehrsbedingten Emissionen weiterhin deutlich über dem Niveau von 1990. Der Lancet Countdown Bericht 2024 zeigt zwar, dass der Anteil des elektrisch betriebenen Straßenverkehrs zunimmt — jedoch geschieht dies nicht schnell genug. Fossile Brennstoffe machen immer noch 95 % der gesamten Energie im Verkehrssektor aus. Der Übergang zu einem gesunden, kohlenstoffarmen Verkehr geht zu langsam voran — selbst in Europa, das vielen anderen Weltregionen voraus ist. Politische Maßnahmen sollten den öffentlichen Verkehr fördern und den Umstieg von privaten Autos auf aktive Mobilitätsformen wie Gehen und Radfahren erleichtern. Dies senkt nicht nur die Emissionen, sondern würde auch die Luftqualität verbessern und die Gesundheit durch mehr Bewegung stärken.”