Weltweit bleibt Luftverschmutzung das größte Umweltrisiko für die Gesundheit. KLUG und deutsche Gesundheitsverbände fordern stärkere Anstrengungen von der Bundesregierung
Die EU-Kommission hat heute neue Grenzwerte zu Luftschadstoffen vorgeschlagen, basierend auf Zielsetzungen im EU Green Deal und dem Null-Schadstoff-Aktionsplan für Luft, Wasser und Boden. Die Grenzwerte liegen jedoch weiterhin über den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO).
In Europa sterben jedes Jahr immer noch etwa 400.000 Menschen und in Deutschland rund 70.000 Menschen vorzeitig an den Folgen von Luftverschmutzung. Schlechte Luftqualität ist einer der bedeutenden Risikofaktoren für die sogenannten Volkskrankheiten (chronischen Krankheiten) und trägt erheblich zu Krankheiten wie Schlaganfällen, Herz-Kreislauferkrankungen, Lungenkrebs sowie chronischen und akuten Atemwegserkrankungen wie Asthma bei. Immer mehr Studien zeigen Zusammenhänge zwischen Luftverschmutzung und Diabetes, Demenz sowie Schäden für die Kindergesundheit auf.
Als Ergebnis einer umfangreichen wissenschaftlichen Überprüfung hatte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) letztes Jahr deutlich striktere Grenzwerte für Luftschadstoffe, insbesondere für Feinstaub und Stickstoffdioxid empfohlen. Für Feinstaub empfiehlt die WHO eine Langzeitbelastung mit kleinen Partikeln (PM 2,5) von höchstens fünf statt der jetzt in Deutschland geltenden 25 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Für Stickstoffdioxid empfiehlt sie einen Wert von zehn Mikrogramm pro Kubikmeter Luft, statt der jetzt geltenden 40. Die heute von der EU-Kommission vorgeschlagenen Grenzwerte (zehn Mikrogramm pro Kubikmeter Luft für Feinstaub (PM 2,5) und 20 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft für Stickstoffdioxid) verfehlen diese internationalen Empfehlungen.
Anja Behrens, Sprecherin der AG Saubere Luft von KLUG, meint: „Die wissenschaftlichen Erkenntnisse sind eindeutig: Luftschadstoffe gefährden auch in niedrigen Konzentrationen die Gesundheit. Es ist bedauerlich, dass die EU-Kommission nicht den Empfehlungen der Wissenschaft gefolgt ist und keine vollständige Angleichung an die WHO-Empfehlungen vorschlägt.“
Nach den heute veröffentlichten Empfehlungen der Kommission wird es keine Grenzwerte für Ultrafeinstaub, Ruß und Ammonium geben. Diese Luftschadstoffe sind jedoch gefährlich für die Gesundheit und teilweise auch für das Klima. Die EU-Kommission unterschätzt das Potenzial zur Schadstoffminderung und die Gesundheitsvorteile durch strikte Grenzwerte.
Der Gesetzesvorschlag geht nun in die Verhandlungen zwischen Europaparlament und Mitgliedsstaaten. Die Bundesregierung muss nun zeigen, dass für sie Gesundheitsschutz Priorität hat, und bei den anstehenden Verhandlungen vorangehen, damit die Gesundheit der Menschen in Deutschland besser geschützt wird. Die AG Saubere Luft bei KLUG wird sich in den kommenden Monaten weiter für striktere, rechtlich bindende Grenzwerte einsetzen. Bereits im September 2022 hat sich KLUG in einem gemeinsamen Brief mit der Bundesärztekammer und vielen deutschen medizinischen Fachgesellschaften an die Minister:innen Steffi Lemke, Karl Lauterbach und Robert Habeck gewandt, damit sich diese in den kommenden Verhandlungen für eine vollständige Angleichung der Grenzwerte an die Empfehlungen der WHO bis 2030 einsetzen.
In den meisten Fällen reduzieren striktere Grenzwerte auch die Emissionen von Treibhausgasen oder klimawirksamen Luftschadstoffen und dienen so nicht nur der Gesundheit, sondern auch dem dringend notwendigen Klimaschutz. Allein die gesundheitlichen Folgekosten von schmutziger Luft übertreffen die Kosten für Luftreinhaltung.