Kinderärztinnen und -ärzte fordern sofortiges Handeln für mehr Klimaschutz
Die Klimakrise gefährdet nicht nur die Gesundheit von Älteren und kranken Menschen. Auch und gerade Kinder und Ungeborene sind durch die zunehmende Erderwärmung gefährdet. Todesursache Hitze, so lautet schon jetzt immer öfter die Diagnose. Die Zahl der Früh- und Totgeburten steigt mit jeder Hitzewelle, der zunehmende Klimawandel schädigt Ungeborene schon im Mutterbauch. Die steigende Erderwärmung, aber auch Luftverschmutzung und Extremwetterereignisse beeinträchtigen Kinder gesundheitlich deutlich stärker als Erwachsene. Den genauen Zusammenhängen gehen Kinderärztinnen und -ärzte der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit e.V. (KLUG) auf den Grund. Sie stellen am Tag der Kinderrechte auf einer Pressekonferenz in Berlin ihr Positionspapier „Kinder vor den Folgen der Klimakrise schützen“ vor und überreichen ihre Forderungen an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. Das Positionspapier zeigt auf, wie massiv die kindliche Gesundheit durch die Klimakrise bedroht ist und was aus kinderärztlicher Sicht politisch dagegen getan werden muss.
Sich für das Recht von Kindern auf eine gesunde Lebenswelt einsetzend, fordern die Kinderärztinnen und -ärzte am 20. November, dem Tag der Kinderrechte, die Politik zum sofortigen Handeln auf: „Gesunde Kinder gibt es nur auf einer gesunden Erde. Nur konsequenter Klimaschutz in allen Bereichen kann die Gefahren für Kinder mindern“, betont Dr. Michael Hubmann, der zukünftige Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzt:innen e.V. (BVKJ).
Das Positionspapier zeigt beispielsweise, dass die durch Hitze steigende Feinstaub- und Ozonbelastung Organschäden bei Kindern verursachen kann, wie Chemikalien Ungeborene schädigen und welche gravierenden Folgen die starke UV-Strahlung für die Haut von jungen Menschen hat. Verschiedene Infektionskrankheiten, Allergien und Asthma, Übergewicht, aber auch psychische Belastungen wie Depressionen und Angststörungen werden durch den Klimawandel deutlich zunehmen. Weder auf diese gesundheitlichen noch auf die psychischen Folgen bei Kindern und Jugendlichen ist unser Gesundheitssystem ausreichend vorbereitet. Bereits jetzt sorgen sich 80% der Kinder und Jugendlichen angesichts der Klimakrise um ihre Zukunft.
„Wir Kinderärztinnen und -ärzte sind für die Gesundheit der Kleinsten in diesem Land verantwortlich. Dieser Verantwortung werden wir nur gerecht, wenn wir uns für deutlich mehr Klimaschutz stark machen“ sagt Dr. Antje Herbst, Oberärztin an der Kinderklinik Leverkusen. Daher setzt sich die Gruppe im Sinne der UN-Kinderrechtskonvention, wonach Kinder ein Recht auf das erreichbare Höchstmaß an Gesundheit haben, für konsequente Klimaschutz- und Klima-Anpassungsmaßnahmen ein.
Zu den Forderungen gehören die drastische Minderung der Treibhausgasemissionen durch eine rasche und gerechte Energiewende, die sofortige Umgestaltung der Mobilität zugunsten von ÖPNV, Fahrrad und des Zufußgehens und die Beschränkung der Verwendung verschiedener Chemikalien und Plastikstoffe. Die Ärztinnen und Ärzte machen sich in ihrem Positionspapier zudem die Förderung einer pflanzenbasierten und fleischreduzierten Ernährung stark, weil diese zugleich klimaschonend und gesundheitsfördernd ist. Zur Klima-Anpassung seien zudem konsequente Hitze- und UV-Schutz-Maßnahmen für Kitas, Schulen, Kinder- und Jugendkliniken sowie die Sicherstellung einer adäquaten medizinischen und psychologischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen dringlich. Notwendig sei auch die Aus- und Fortbildung des dort tätigen Personals zu den Themen Klima- und Gesundheitsschutz.
Unterstützt werden die Forderungen von 25 Fachgesellschaften und Verbänden, unter anderem dem Vorstand des BVKJ. Die Verbände repräsentieren zusammen über 15.000 Mitglieder. Auch das Netzwerk Kinderrechte mit seinen über 100 Mitgliedsverbänden steht hinter den Forderungen des Papiers. „Kinder und künftige Generationen werden die Folgen der heutigen politischen Entscheidungen und unseres Fehlverhaltens in Zukunft tragen müssen. Wir sind dafür verantwortlich, den Raubbau an ihrer Zukunft und ihren künftigen Lebensgrundlagen sofort zu stoppen.“ – so Bianka Pergande, Sprecherin des Netzwerks Kinderrechte.
Am 20.11.2023 um 12 Uhr wird das Positionspapier auf einer Pressekonferenz in Berlin vorgestellt und Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach überreicht. Zum Ziel der Gruppe, schärfere Klimaschutzmaßnahmen zum Schutze der Kinder politisch zu verankern, erklärt AG-Mitglied Dr. Thomas Lob-Corzilius: „Es kommt auf jedes vermiedene Zehntel Grad an. Das sind wir den Kindern und allen nachfolgenden Generationen schuldig“.
Graphik zum Zusammenhang von Hitze und Frühgeburtlichkeit
Unterstützende Verbände:
Arbeitsgemeinschaft Asthmaschulung im Kindes- & Jugendalter e.V., Arbeitsgemeinschaft Adipositas im Kindes- und Jugendalter e.V., Berufsverband Kinderkrankenpflege Deutschland e.V., Berufsverband der niedergelassenen Kinderchirurgen Deutschlands e.V., Berufsverband der Kinder- und Jugendärzt:innen e.V., Bundesverband der Kinderzahnärzte, Deutsche Akademie für Prävention und Gesundheitsförderung im Kindes- und Jugendalter e.V., Arbeitsgemeinschaft Nachhaltigkeit in der Dermatologie (AGN) e.V., Deutsche Gesellschaft für Hebammenwissenschaft e.V., Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie e.V., Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie e.V., Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie, Gesellschaft für Pädiatrische Allergologie und Umweltmedizin e.V., Gesellschaft für Pädiatrische Pneumologie e.V., Health for Future, Junge Pädiatrie Baden-Württemberg GbR, Kindernetzwerk e.V., Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit e.V., Konsensusgruppe Adipositasschulung für Kinder und Jugendliche e.V., Konsensusgruppe Kontinenzschulung im Kindes- und Jugendalter (KgKS) e.V., National Coalition Deutschland – Netzwerk zur Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention e.V., Stiftung Kind und Jugend, Verband medizinischer Fachberufe e.V., Association francaise de pédiatrie ambulatoire, Österreichische Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde
Ansprechpartnerin:
Dr. Antje Herbst
Email: ag.paediatrie.KLUG@posteo.de